Erste Hilfe bei Kindern & Babys: die wichtigsten Tipps
Ob Bade- oder Stromunfall, Verbrennung oder Fieberkrampf – ein Notfall tritt fast immer plötzlich ein und Sofortmaßnahmen retten Leben. Das sollten Sie als Ersthelfer bei Kindern können.
Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:
Erste Hilfe im Ernstfall ist für Erwachsene verpflichtend! Reagieren Sie in Kindernotfällen richtig, bis der Notarzt kommt. Testen Sie Ihr Wissen am Ende des Artikels mit unserem F&A-Quiz!
Inhaltsverzeichnis
Ob Sturz, Fieberkrampf oder Badeunfall – meistens geht es glimpflich aus, wenn sofort gehandelt wird. Ist ein Kind schwer verletzt und bewusstlos, entscheiden die ersten Minuten danach. Deshalb müssen Sie im Ernstfall helfen, so schnell wie möglich, aber ohne Panik. Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung: „Keine Angst vor der Ersten Hilfe und Wiederbelebung beim Kind, nur unbedingt handeln! Man kann als Laie nichts falsch machen – außer nicht zu helfen.“
Für Eltern und andere, die für den Ernstfall vorsorgen möchten, veranstalten Organisationen wie DRK, Johanniter oder Malteser Erste-Hilfe-Kurse, die sie speziell auf Kindernotfälle vorbereitet. Der Malteser Hilfsdienst e.V. bietet dazu eine kostenlose Broschüre zum Download an: „Erste Hilfe bei Kindernotfällen“
Die wichtigsten Grundlagen zur Ersten Hilfe bei Kindern und Babys auf einen Blick
- Schauen Sie, ob das Kind ansprechbar ist.
- Atmet das Kind, ist aber bewusstlos: Legen Sie es in die stabile Seitenlage (siehe Video unten).
- Beginnen Sie sofort mit der Beatmung, wenn es nicht atmet.
- Bewegen Sie das Kind möglichst nicht und schützen Sie Wunden.
- Trösten Sie das Kind und halten Sie es warm.
Und setzen Sie einen Notruf ab: Wählen Sie die Nummer 112 und beantworten Sie kurz, aber genau die 5 Ws:
- Wo ist der Notfall?
- Wer ruft an?
- Was ist geschehen?
- Wie viele Personen sind betroffen?
- Warten Sie auf Rückfragen!
Ein Notfallposter mit den wichtigsten Sofortmaßnahmen auf einen Blick hat „Kindernotfall Bonn“ am Universitätsklinikum Bonn erstellt:
Erste Hilfe bei Bewusstlosigkeit: Vitalfunktionen prüfen, Reanimation und stabile Seitenlage
Die lebenswichtigen Vitalfunktionen sind Atmung, Herz-Kreislauf-Funktion und Bewusstsein. Um sie überprüfen zu können, müssen Sie das Kind eventuell von der Gefahrenstelle wegziehen. Dafür eignet sich der Rautek-Rettungsgriff: Stellen Sie sich an das Kopfende und greifen Sie mit beiden Händen weit unter Kopf, Hals und Schulter. Richten Sie den Oberkörper auf, fassen Sie das Kind unter den Achseln und ziehen Sie es an einen sicheren Ort.
Machen Sie eine Atemkontrolle: Bewegen sich Oberkörper und Bauch? Legen Sie die Hand auf den Brustkorb und beugen sich mit dem Ohr über Mund und Nase des Kindes: Spüren und hören Sie Atemgeräusche? Wenn nicht: Beatmen Sie das Kind sofort!
Öffnen Sie den Mund und räumen Sie Fremdkörper oder Erbrochenes mit den Fingern aus, bei älteren Kindern den Kopf etwas überstrecken, bei einem Säugling nicht überstrecken. Bei einem Säugling schließen Sie dann Ihre Lippen um Mund und Nase des Babys, bei größeren Kindern nur um den Mund. Wenn Sie alleine sind, beatmen Sie 5-mal, sodass sich der Brustkorb hebt, und rufen dann 112 an. Im Idealfall setzt eine andere Person den Notruf ab.
Erkennen Sie nach den ersten fünf Atemspenden kein Lebenszeichen, müssen Sie mit der Herzdruckmassage beginnen: Knien Sie sich neben das möglichst flach auf dem Boden liegende Kind, legen Sie einen Handballen oder beide Hände auf den Druckpunkt in der unteren Hälfte des Brustbeins. Drücken Sie 100- bis 120-mal in der Minute ca. 5 cm tief. Nach je 30-mal Drücken 2-mal beatmen, bis der Rettungsdienst kommt. Einen Säugling können Sie auch rücklings auf Ihre Oberschenkel legen, dann drücken Sie die untere Brustkorbhälfte mit Mittel- und Zeigefinger oder Sie umfassen den Brustkorb mit den Händen und drücken mit beiden Daumen ca. 4 cm tief bis zu 120-mal pro Minute. Atmet das Kind (wieder), ist aber bewusstlos, legen Sie es in die stabile Seitenlage.

Video: Stabile Seitenlage bei einem Kind – wie geht das?
In diesem Film zeigt Ihnen ein Rettungssanitäter des Deutschen Roten Kreuzes, wie Sie ein Kind so hinlegen, dass die Atemwege frei sind und es nicht an Erbrochenem ersticken kann.
Erste Hilfe bei Stürzen
Knochenbrüche im Kindesalter heilen meist schnell, sollten aber möglichst nicht bewegt werden. So leisten Sie im Notfall Erste Hilfe bei Kindern: Polstern Sie die Stelle! Offene Wunden mit sterilem Verbandmaterial abdecken, dann zur nächsten Kinderambulanz fahren. Dasselbe gilt für verrenkte Gelenke. Bewegungsunfähige, taube Gliedmaßen oder Kopfverletzungen mit Bewusstlosigkeit – auch kurzer – sind ein Notfall für den Rettungsdienst. Bis zu seinem Eintreffen das Kind in die stabile Seitenlage bringen.
Gegen Schwellungen können Sie die PECH-Regel anwenden:
P-Pause: Ruhe für das gestürzte Kind!
E-Eis: Kühlen!
C-Compression: Druckverband anlegen!
H-Hochlagern: Die Verletzung sollte über der Höhe des Herzens lagern.

Erste Hilfe bei Verbrühungen und Verbrennungen
Bei kleinen Kindern besteht schon bei kleineren Verbrennungen und Verbrühungen Schockgefahr, mehr als 5 % verbrannter Hautoberfläche sind ein Fall für den Rettungsdienst. Löschen Sie einen Brand mit Decken, bei Verbrühung vorsichtig nasse Kleidung entfernen. Dann das Kind in die Schocklagerung bringen: Flach auf den Rücken auf den Boden legen, die Beine höher als den Oberkörper/Kopf auf zum Beispiel einen Hocker ablegen. Kühlen Sie die Wunde bis zu 10 Minuten lang mit fließendem Wasser!
Erste Hilfe bei Krampfanfällen
Ein Fieberkrampf ist ein Krampfanfall, den insbesondere Kinder unter 6 Jahren erleiden, wenn Fieber schnell ansteigt, zum Beispiel bei einem Infekt. Das Kind verdreht die Augen, ist nicht ansprechbar, eventuell zucken die Glieder oder bewegen sich roboterartig. Läuft das Kind blau an, behindert wahrscheinlich die Zunge die Atemwege. Legen Sie das Kind in die stabile Seitenlage! Dauert der Anfall länger als ein, zwei Minuten, rufen Sie den Notarzt. Bis zu seinem Eintreffen: Stürze verhindern, die Krampfbewegungen nicht stoppen, nichts zu trinken geben!
Erste Hilfe bei Verschlucken und Ersticken
Vor allem bei kleinen Kindern ist der Schluckreflex noch unkoordiniert, dabei stecken sie umso mehr in den Mund und verschlucken sich. Beugen Sie vor, lassen Sie sie nicht unbeaufsichtigt essen oder spielen. Zu spät? Ermuntern Sie Ihr Kind zum Husten.
Falls das nichts nützt: Schlagen Sie ihm mit der flachen Hand 5-mal zwischen die Schulterblätter. Babys unter einem Jahr von vorne auf den Brustkorb drücken.
Bei älteren Kindern den Heimlich-Handgriff anwenden: Beugen Sie das Kind leicht vor. Machen Sie eine Faust und setzen Sie sie zwischen Bauchnabel und Brustbeinende ab. Packen Sie die Faust mit der anderen Hand und ziehen Sie sie ruckartig nach innen und oben. Bis zu 5-mal wiederholen
Erste Hilfe bei Wunden
Die Gefahren bei Wunden heißen: Blutung, Infektion, Schmerz. Das ist zu tun: Bei starken Blutungen an den Gliedmaßen die betroffenen Stellen hochhalten. Mit einem Polster, zum Beispiel einem Verbandpäckchen, Druck auf die Blutung ausüben und straff verbinden. Gegen Infektionen sterile Wundauflagen nutzen. Und gegen den Schmerz trösten und in die Kinderambulanz fahren.
Achtung bei Verätzungen: mit viel Wasser spülen, sodass die Flüssigkeit auf dem schnellsten Weg vom Körper abfließt.
Erste Hilfe bei Stromunfällen
Viel häufiger als das verbotene Klettern auf Strommasten führt ein defektes Kabel im Haushalt zum Stromunfall, bei dem Sie schnellstens den Stromfluss unterbrechen müssen: Ziehen Sie den Stecker oder schalten Sie die Sicherung aus. Falls das nicht möglich ist, dürfen Sie keinesfalls das Kind mit Ihren Händen wegreißen und sich damit selbst in Gefahr bringen. Versuchen Sie, es mit einem nicht leitenden Gegenstand wie einem Besen aus Holz von der Stromquelle zu lösen.
Überprüfen Sie danach die Vitalfunktionen und lassen Sie das Kind ärztlich untersuchen, auch wenn es bei Bewusstsein ist!
Erste Hilfe bei Ertrinken
Kleinkinder können in einer Pfütze ertrinken. Sie wissen noch nicht, dass sie den Kopf einfach umdrehen könnten, um wieder frei zu atmen. Lassen Sie Kleinkinder deshalb auch im Planschbecken nie allein!
Aus tieferen Gewässern retten Sie ein ertrinkendes Kind wie folgt: Fassen Sie es von hinten am Kinn, sodass Mund und Nase über Wasser liegen, und ziehen Sie es auf dem Rücken schwimmend an Land. Danach sofort Vitalfunktionen prüfen!
Hat das Kind Wasser eingeatmet, müssen Sie den Rettungsdienst rufen. Wenn ein Lungenödem entsteht, droht nach einigen Stunden das „zweite Ertrinken“. Besser eine Nacht im Krankenhaus beobachten lassen!
Erste Hilfe im Sommer
Der Sommer lässt nicht nur die Zahl von Badeunfällen steigen, mit kletternden Temperaturen drohen auch Hitzschlag, Sonnenbrand und Sonnenstich. Erschöpfungsgefühle, Fieber oder ein steifer Nacken sind deutliche Symptome eines Hitzschlags. Bringen Sie das Kind schnell aus Sonne und Hitze und kühlen Sie es mit feuchten Tüchern.
Und noch ein Notfall gehört leider zum Sommer in der Natur: ein Insektenstich, vor allem von einer Biene oder einer Wespe, der zu einem anaphylaktischen Schock führen kann – eine extreme allergische Reaktion, die innerhalb von wenigen Minuten tödlich sein kann. Wenn in Ihrer Familie solche Allergien bekannt sind: Besorgen Sie ein Notfallset mit Adrenalinspritze, Antihistaminikum und Kortison! Bahnt sich ein Schock an, setzen Sie sofort einen Notruf ab, bringen Sie das Kind in Schocklage und ziehen Sie den Stachel.
Notruf – die wichtigsten Kindernotfallnummern griffbereit?
- Das ist die wichtigste Notrufnummer: 112.
Sie führt zur nächsten Rettungsleitstelle.
- Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116 117
- Regional verschieden sind folgende Notdienste, deren Telefonnummern Sie heraussuchen, notieren oder abspeichern und am besten immer in Reichweite haben sollten:
a) die Giftnotrufzentrale Ihrer Region. Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit finden Sie eine Liste: www.bvl.bund.de.
b) die Nummer Ihrer Kinderarztpraxis.
c) die Nummer der nächsten Klinikambulanz.
Quiz: 6 Fragen und Antworten zur Ersten Hilfe bei Kindern und Babys
Alles gelesen, alles klar? Machen Sie den Test, ob Sie für Kindernotfälle gut vorbereitet sind.
Zur Autorin: Karen Cop ist Gesundheitsjournalistin und Mutter, die einige Kindernotfälle erlebt hat, die ihr zeigten: Schmerz ist kein Gradmesser für die Schwere eines Falls. Ihre Tochter hatte lautlos Fieberkrämpfe. Ihren Sohn schmerzte der Stich eines Petermännchen-Fischs im Meer sehr, seinem Fuß half kaltes Wasser.
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