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Familie

Multitasking: Mental Load für Mütter

Familienorganisation ist oft Frauensache. Viele Mütter leisten einen Kraftakt, der wenig Wertschätzung bekommt. Arbeitsteilung hilft, sie zu entlasten.

Text: Antoinette Schmelter-Kaiser

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Mütter fühlen sich meist dafür verantwortlich, an alles zu denken. Dieses Rollenbild ist eingeübt, kann aber mit aktiveren Vätern verändert werden.

Von Babysitter suchen bis Urlaub organisieren: Die Liste umfasst 21 Dinge, die im Familien- und Haushaltsalltag geplant und im Auge behalten werden müssen. Drei davon liegen überwiegend oder ausschließlich in der Verantwortung von Männern, den Rest managen mehrheitlich Frauen – so das Ergebnis einer Umfrage im Rahmen der „Vermächtnisstudie 2023“, die sich „mit Fragen der anhaltenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und ihren Folgen“ beschäftigt. Ihr Fazit: „Alles im Griff zu haben und den Überblick zu behalten, ist nach wie vor Frauensache. Eine große Belastung, die nicht gesehen wird und für die es wenig bis keine Anerkennung gibt.“

Mental Load bei Frauen: Erschöpfungszustand durch Doppelbelastung

Laura Fröhlich kennt den Kraftakt des An-alles-denken-Müssens aus eigener Erfahrung. Nach der Geburt ihres dritten Kindes geriet sie in einen extremen Erschöpfungszustand, weil sie in einer Doppelbelastung als berufstätige Mutter allen und allem gerecht werden wollte, sich keine Pause gönnte. Nach dieser „großen Krise“ begann sie, sich mit dem Thema Mental Load zu beschäftigen, schrieb über ihre Recherchen ein Buch und wurde zur Mental-Load-Expertin, -Speakerin sowie -Referentin. „Mental Load kann krank machen und betrifft viele Frauen“, weiß die heute 40-Jährige. „Sie sind noch immer so sozialisiert, dass sie sich für die Familienorganisation plus Care- und Gefühlsarbeit zuständig fühlen.“

Hauptverantwortlich an fixen Tagen

Einkaufen, kochen, Sohn (9) und Tochter (6) betreuen: Bei diesen Tätigkeiten übernimmt der Partner von Katharina Maurer zwar einen großen Part. „Bei uns läuft es sehr gut“, freut sich die 40-Jährige. „Wir haben beide feste Tage, an denen wir hauptverantwortlich für den Familienalltag sind und der andere arbeitet – ich 39, mein Freund 32 Stunden.“ Trotzdem gäbe es für sie im Alltagstrott Luft nach oben: „Organisationsarbeit habe meist ich auf dem Schirm – von Impftermine ausmachen bis Geschenke für Einladungen zu Kindergeburtstagen oder Winterjacken in der nächsten Größe besorgen.“ Diese To-dos könnte sie an ihren Partner „delegieren“. Lieber wäre ihr es, er würde proaktiv mitdenken. Um das zu erreichen, sucht sie regelmäßig das Gespräch mit ihm, bespricht anstehende Termine und Aufgaben.

Fair-Teilung bedeutet, dass sich Väter aktiver bei Organisations- und Familienarbeit einbringen.

Aufschlüsseln von Familienarbeit

Für Laura Fröhlich ist dieses Aufschlüsseln der Denk- und Familienarbeit ein wichtiger Schritt, für detaillierte Einblicke empfiehlt sie, Listen anzulegen. „So kann man sicht- und messbar machen, was alles zu tun ist.“ Danach gehe es darum, mit dem Partner innerfamiliäre Standards festzulegen, Aufgaben zu priorisieren, diese zu „fair-teilen“ und loszulassen, wenn der andere seinen Teil übernimmt – egal ob Kinderarzttermin vereinbaren oder Medienkonsum kontrollieren. Diese Notwendigkeit von Wertschätzung ist Katharina Maurer klar: „Ich bin superschnell und habe in vielen Dingen einen hohen Anspruch. Aber ich kann nicht erwarten, dass mein Partner alles sofort und wie ich macht. Deshalb verkneife ich mir Kritik, wenn er meiner Meinung nach unpassende Kinderklamotten auswählt. Das wäre kontraproduktiv.“

Rollenbilder und Muster überdenken

Laut Laura Fröhlich ist es – auch in Beziehungen ohne Kinder – nicht nur hilfreich, eingeübte Rollenbilder und Verhaltensmuster zu überdenken, sondern außerdem zu hinterfragen, an welchen Beispielen man sich orientiert. „Social Media können großen Druck ausüben, wenn andere Mütter Brotzeitdosen mit kunstvollen Obstspießchen bestücken oder von der Einladungskarte bis zur Dekoration perfekte Feiern ausrichten“, so ihre Beobachtung. Die Diskussion um Mental Load ist für sie auch eine „hochpolitische und gesellschaftliche Angelegenheit“. Deshalb befürwortet sie eine „flächendeckende und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung“ zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Jobkonzepte, die beiden Elternteilen mehr Zeit für die Familie lassen und Arbeitsteilung gleichberechtigter machen.

Gleichberechtigter Familienalltag als Ideal

Noch ist das weder im Alltag noch in den Köpfen zur Normalität geworden, wie Katharina Maurer feststellt: „In WhatsApp-Gruppen von Kindergarten oder Schule werde automatisch ich als Mutter aufgenommen und nicht mein Freund als Vater. Ich muss immer wieder daran erinnern, dass er genauso zuständig wie ich und ebenfalls Ansprechpartner ist. Insofern halte ich Mental Load auch für ein strukturelles Thema – selbst in emanzipierten Kreisen.“ Bei ihren eigenen Kindern hofft sie auf andere Erfahrungen und Prägung. „Idealerweise sollen sie uns als Eltern gleichermaßen verantwortlich im Familienalltag erleben“, so ihr Wunsch. „Das ist ein Prozess, bei dem wir schon einen weiten Weg hinter uns haben.“

Video

Kinder, einen berufstätigen Partner, der eigene Job und dann auch noch das Haus sanieren – das war irgendwann auch für Eike mal zu viel. Sie litt unter einem Mental Load. Mehr dazu in der ganzen WDR-Reportage.

Lektüretipps

Bücher, Studien, Dossiers, Tabellen und Podcasts, die über die Belastung durch Mental Load informieren und Veränderungsvorschläge machen:

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„Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles!“ von Laura Fröhlich (Kösel)

Ratgeber für neue, faire Lösungen, damit Mental Load zwischen Eltern aufgeteilt werden kann. Ergänzend hilft ein „Workbook“ mit konkreten Handlungsmöglichkeiten.

„Raus aus der Mental Load Falle“ von Patricia Cammarata (Beltz)

Buch einer Berliner Psychologin und Elternbloggerin (dasnuf.de) über Auswege für Mütter und Väter, mit denen gerechte Arbeitsteilung in der Familie besser gelingt.

„Die Abwertung der Mütter“ von Anne Theiss (Droemer)

Forderung nach mehr Wertschätzung des privaten und beruflichen Einsatzes von Müttern, der von „essenzieller Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit“ Deutschlands ist.

„Hat die Mutti heute frei?" von Felix Schenk (Gräfe und Unzer)

Plädoyer für eine moderne, aktive Vaterrolle, die traditionelle Geschlechterklischees überwindet und sich nicht mehr mit der Assistentenrolle in der Familie zufriedengibt.

Zeit Verlagsgruppe

Ergebnisse der „Vermächtnisstudie“, die in ihrer vierten Erhebung Veränderungen im Verhältnis der Geschlechter, aber immer noch Hürden für die Gleichstellung zeigt.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Download-Dossier des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Verteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern.

Initiative Equal Care

PDF der Initiative Equal Care zum Herunterladen, mit dem alle in einer Familie anfallenden Aufgaben aufgelistet, ausgewertet und aufgeteilt werden können.

ARD Audiothek

Wissenschaftspodcast über soziologische und psychologische Erkenntnisse über Mental Load, der als „unsichtbare Arbeit“ fast immer von Frauen gestemmt wird.

Zur Autorin: Antoinette Schmelter-Kaiser wacht meist ohne Wecker auf. Sekunden später kreist in ihrem Kopf eine lange Liste von To-dos – während ihr Mann tiefenentspannt weiterschläft. Mental Load ist auch bei ihr ungleich verteilt. Aber zumindest lasten in ihrer zweiten Ehe Urlaubsorganisation und Kümmern ums technische Equipment von Auto bis WLAN nicht mehr auf ihren Schultern.

Stand: Oktober 2023

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