Ein Erfahrungsbericht: Vater in Elternzeit

Über die Hälfte der Väter möchte sich heute mehr im Familienalltag einbringen. Elternzeit und Elterngeld erleichtern ihnen diese Entscheidung.

Text: Antoinette Schmelter-Kaiser

Vier Monate Elternzeit? Diesen Wunsch fanden die Chefs von Stefan Weber nicht selbstverständlich. Doch für den Journalisten war 2014 klar: „Das steht mir zu. Am Schreibtisch kann ich bis zur Rente sitzen, mein Sohn ist nur einmal klein.“ In dessen erstem Sommer nutzte er deshalb vier Wochen für einen langen Urlaub mit dem Baby und seiner Frau.

Als diese wieder zu arbeiten begann und Anton zehn Monate alt war, übernahm er seine Betreuung für 12 Wochen. Bei Tochter Alma, die 2017 zur Welt kam, ging Stefan Weber erneut in Elternzeit: zwei Monate am Anfang, zwei am Ende ihres ersten Lebensjahrs.

Kein abwesender Vater

„Ich kann mir nicht vorstellen, ein abwesender Vater zu sein“, begründet der heute 43-Jährige seine Entscheidung. „Mich um meine Kinder zu kümmern, war und ist mir ein Bedürfnis.“ Mittlerweile hat er deshalb seinen Redakteursvertrag auf 32 Stunden reduziert, da auch seine Frau nach ihrer Elternzeit berufstätig ist; Montag und Mittwoch arbeitet er halbtags.

„Das ist viel entspannter“, freut er sich. „Und die beste Entscheidung überhaupt. So finde ich außer für Haushalt oder Einkaufen Zeit für Dinge, etwa nachmittags mit den Kindern zu kicken oder auf den Spielplatz zu gehen. In einen Vollzeitjob führt für mich kein Weg zurück.“

Elternzeitgesetz als Voraussetzung

Freiraum für die Familie befürworten viele Männer: „55 % der Väter mit Kindern unter zehn Jahren möchten heute etwa die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen“, so der „Väterreport. Update 2021“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. „48 % wünschen sich eine partnerschaftliche Aufgabenteilung von Familie und Beruf.“

Die Voraussetzung dazu schafft das Elternzeitgesetz: Arbeitnehmer haben Anspruch auf 36 Monate Elternzeit inkl. Mutterschutzzeit pro Kind, von denen sie maximal 24 Monate nach dem dritten Geburtstag ihres Kindes bis zum vollendeten achten Lebensjahr ihres Kindes nehmen können. In dieser Zeit können sie sich unbezahlt im Job freistellen lassen oder Teilzeit in Elternzeit bis zu 32 Wochenstunden arbeiten.

Wichtige Vätermonate im Familienalltag

Väter setzen sich verstärkt mit dem Thema auseinander, weiß Verena Dias, die zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf berät. Dass die Dinge in Bewegung kommen, findet sie eine tolle Entwicklung und Vätermonate „wichtig, um am Familienalltag teilzunehmen“ und die Mutter nicht allein zur Spezialistin in Sachen Kinderbetreuung und -erziehung werden zu lassen.

Außer der Bereitschaft, sich einzubringen, brauche es fundierte Informationen zu Elternzeit und dem Kündigungsschutz währenddessen, genauso wie zum Rechtsanspruch auf Elterngeld und Teilzeit. Oft sei Unterstützung gefragt, um Anträge korrekt ausfüllen, Fristen einhalten und finanziell realistisch kalkulieren zu können.

Elterngeld während der Freistellung

Der Verdienstausfall während der Freistellung für Elternzeit gleicht 14 Monate lang das Basiselterngeld aus, wenn sich Vater und Mutter an der Betreuung beteiligen. Ein Elternteil kann dabei mindestens zwei und höchstens 12 Monate für sich in Anspruch nehmen, die frei aufteilbar sind. Das Basiselterngeld beträgt in Abhängigkeit vom Einkommen vor der Geburt zwischen 300 und 1.800 Euro monatlich.

Doppelt so lange gibt es ElterngeldPlus, das halb so hoch wie das Basiselterngeld ist, bis zu vier zusätzliche ElterngeldPlus-Monate als Partnerschaftsbonus, wenn beide Elternteile parallel zwischen 24 und 32 Wochenstunden in Teilzeit arbeiten. „Sucht ergebnisoffen nach Lösungen, wie ihr es euch leisten könnt, beide Elternzeit zu nehmen“, rät Verena Dias allen Elternpaaren.

Vater in Elternzeit – eine Win-win-win-Situation

Denn noch immer schleiche sich die „klassische Konstellation nach dem alten Schema“ ein, dass der oft besser verdienende Vater maximal zwei Monate Elternzeit nehme und dann wieder in den Beruf einsteige, während die Mutter länger pausiere und die Kinderbetreuung übernehme. Fabian Soethof lädt in seinem Buch „Väter können das auch!“ Männer dazu ein, ihre Rolle zu reflektieren.

Seitdem er zwei Söhne hat, kennt er die Vorteile eines anwesenden Vaters: „Papa versauert nicht am Arbeitsplatz und setzt Prioritäten, die nicht nur ihm guttun, sondern auch seiner Familie und der Gesellschaft“, schreibt er. Mama wird unterstützt, „kann auch Geld verdienen und sich um ihre Rente sowie berufliche Verwirklichung kümmern“, Kinder „bauen eine enge Bindung zu mehr als einer Bezugsperson auf“ und gewinnen mehr Sicherheit – eine Win-win-win-Situation.

Stand: August 2022

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