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Gesund

Osteoporose: Neue Forschungsergebnisse und Behandlungen

Die Knochenmasse nimmt ab, das Knochenbruchrisiko steigt – doch an Osteoporose wird meist erst nach Frakturen gedacht. Dabei ist Früherkennung wichtig. Und neue Forschungsergebnisse machen Hoffnung.

Text: Karen Cop

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Osteoporose wurde lange als „stille“ und „schleichende“ Volkskrankheit wenig beachtet. Aber Osteologen können mit verschiedenen Therapien dabei helfen, Knochenbrüche zu vermeiden.

Acht Millionen Menschen sind laut Netzwerk Osteoporose e.V. an Osteoporose erkrankt – allein in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt den Knochenschwund zu den „zehn bedeutendsten Krankheiten unserer Zeit“. Das liegt nicht nur, aber auch am zunehmend höheren Alter der Bevölkerung. Normalerweise wird bis zum 35. Lebensjahr mehr Knochenmasse auf- als abgebaut, danach beginnt der Knochenabbau. Auch gesunde, ältere Menschen verlieren jährlich 0,5 bis 1 Prozent ihrer Knochenmasse.

Was ist Osteoporose?

Osteoporose bezeichnet die chronische Erkrankung, bei der das Gleichgewicht von Knochenaufbau und -abbau gestört ist. Früher wurde sie oftmals als „Witwenbuckel“ sichtbar und abgetan, heute wissen Wissenschaftler und Experten aus der noch relativ jungen Fachrichtung Osteologie, dass mehr als 95 % aller Patienten an einer primären Osteoporose leiden: Östrogene regen den Knochenaufbau an, fehlen sie (z. B. nach den Wechseljahren), wird mehr Knochensubstanz ab- als aufgebaut. Bei rund 5 % der Osteoporose-Patienten verursachen Krankheiten wie chronische Magen-Darm-Erkrankungen oder Medikamente wie Kortison den Knochenschwund.

Osteoporose: Wer ist betroffen?

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erkranken Frauen deutlich häufiger an Osteoporose als Männer. Ab 65 Jahren sei fast jede 4. Frauen betroffen, bei Männern knapp 6 %. Bei allen sind Sexualhormone für den Knochenstoffwechsel wichtig, doch Testosteron nimmt bei Männern nicht so stark ab wie die Östrogenproduktion bei Frauen im gleichen Alter. Deshalb ist Osteoporose bei Männern seltener als bei Frauen. Die meisten merken zunächst wenig vom unbehandelt immer weiter fortschreitenden Knochenabbau, oft wird erst nach einer Fraktur daran gedacht. „Jeder Sturz bringt einen Bruch“, erzählt Dorothee K., 64, und „ich werde immer kleiner“. Prof. Dr. Uwe Maus, Leiter des Bereichs Osteologie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, führt aus: „Das Besondere an den osteoporotischen Knochenbrüchen ist, dass sie auch völlig ohne Sturz oder auch nach nur leichten Stürzen auftreten können. Am häufigsten sind Wirbelsäule, Schulter, Handgelenk und Hüfte betroffen.“ Aber jetzt gibt es Hoffnung für Menschen mit Knochenschwund.

Frauen nach den Wechseljahren leiden besonders häufig unter der primären Osteoporose, aber auch Männer sind betroffen: ab 70 Jahren und als sekundäre Osteoporose, eine Nebenwirkung bei Behandlungen mit Cortison oder bestimmten Erkrankungen.

Knochendichte messen per DXA

Nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gründet sich eine Osteoporose-Diagnose auf die Messung der Knochendichte, die jedoch nur nach ärztlicher Anweisung und einer diagnostizierten Osteoporose über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet wird. Weltweiter Standard ist die DXA-Methode: Die Dual X-ray Absorptiometry untersucht mittels minimaler Röntgenstrahlung den Mineralsalzgehalt der Knochen und ermittelt den sogenannten T-Score. Zusätzlich wird ein Z-Wert angegeben, der sich auf die Altersgruppe bezieht, aber nur der T-Wert führt zur Diagnose Osteoporose oder der Vorstufe Osteopenie. Nach WHO entspricht ein T-Score von –2.5 einer schweren, behandlungsbedürftigen Osteoporose. Der Dachverband der Deutschsprachigen Osteologischen Fachgesellschaften (DVO) gibt jetzt zu bedenken: „Neue epidemiologische Studien mit mehr als 100.000 Teilnehmern haben ergeben, dass das Risiko für osteoporotische Knochenbrüche durch die alleinige Betrachtung der Knochendichte bei jungen Menschen deutlich überschätzt und bei älteren Menschen unterschätzt wird.“ Knochenarchitektur und Knochenqualität müssten beachtet werden sowie Risikofaktoren wie Rauchen oder zu wenig Bewegung. Eine neue Diagnosemethode, die bisher noch keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ist, lässt für die Zukunft hoffen. Prof. Dr. Anton Eisenhauer, Initiator und wissenschaftlicher Leiter der Osteolabs GmbH: „Unser Verfahren basiert auf einer Analysemethode für Kalziumisotope, die nur Urin oder Blut für die Untersuchung benötigt. Es kann zuverlässig und viel früher als mit traditionellen Methoden Knochenschwund erkennen und im Krankheitsfall den Therapieerfolg messbar machen, um so eine individuelle Behandlungsstrategie und optimierte Therapie sicherzustellen.“

Ausdauernde Bewegung ist besonders wichtig, um eine starke Muskulatur aufzubauen, die die poröser werdenden Knochen schützt.

Stoppen den Knochenabbau: Bisphosphonate

Sie heißen Alendronat, Raloxifen, Risedronat, Ibandronat oder Strontiumranelat und gehören zu den Bisphosphonaten: Präparate, die die Wirkung der Osteoklasten hemmen – das sind die knochenabbauenden Zellen. Viele Studien haben bewiesen: Bisphosphonate können Knochen stärken und Knochenbrüche teilweise verhindern. Andererseits greifen sie so in den Knochenstoffwechsel ein, dass die natürlichen Umbauprozesse im Knochen nicht mehr im normalen Ausmaß stattfinden. Um das Risiko gravierender Nebenwirkungen wie einer (seltenen!) Kiefernekrose oder osteoporose-untypischen Oberschenkelbrüchen zu senken, sollten Bisphosphonate möglichst nicht länger als 5 Jahre am Stück eingenommen werden. Grundsätzlich raten Fachleute dringend davon ab, die Präparate ohne ärztliche Rücksprache abzusetzen, z. B. weil die Einnahme umständlich erscheint oder den Magen-Darm-Trakt reizt. Manche Bisphosphonate können nämlich auch gespritzt werden.

Hoffnung vor allem für Männer: CXCL9

Eine interessante Entdeckung machte ein internationales Forschungsteam von Mikrobiologen um die Professoren Christoph Winkler, National University of Singapore, und Manfred Schartl, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, bei einer Genanalyse des Laborfischs Medaka: Offenbar kontrolliert das kleine Protein CXCL9 die Rekrutierung von knochenabbauenden Zellen. „Kürzlich“, sagt Professor Dr. Winkler, „konnten wir zeigen und publizieren, dass der von uns identifizierte Faktor sehr verlässlich ein erhöhtes Risiko von Osteoporose im Blut von männlichen Patienten bereits 6 Jahre vor der Erkrankung vorhersagen kann.“ Warum ist das „nur“ eine gute Nachricht für die frühzeitige Osteoporose-Prävention von Männern? „Ihre Östrogenwerte sinken im Alter nicht so stark wie bei Frauen in den Wechseljahren. Die Östrogene sind vermutlich auch der Grund, warum bei Männern mit erhöhtem Osteoporose-Risiko die CXCL9-Werte erhöht sind, aber nicht bei Frauen.“ Prof. Winkler hofft, dass weitere Forschungen auch zu neuen Behandlungsmöglichkeiten manifester Osteoporose führen werden: „Die von uns im Tiermodell getesteten Inhibitoren könnten theoretisch zur Behandlung bereits erkrankter Menschen eingesetzt werden, weil sie höchstwahrscheinlich nicht den Knochenaufbau blockieren, wie das ja z. B. Bisphosphonate tun, und damit Nebenwirkungen der Langzeitbehandlung umgangen werden. Um das zu testen, müssten allerdings klinische Studien durchgeführt werden, und dazu fehlen uns leider immer noch die finanzstarken Partner.“

Filminterview mit Prof. Dr. Christoph Winkler

Dieses Interview führte die Vorsitzende des Netzwerks Osteoporose e.V., Karin G. Mertel, im Oktober 2020, nachdem das Protein CXCL9 im Rahmen der Grundlagenforschung entdeckt wurde. Prof. Dr. Winkler erklärt darin sehr gut, wie sich das Protein an Rezeptoren bindet, das Vorläufer von knochenbildenden Zellen enthält.

Training für die Knochen

Kräftige Muskeln können schwache Knochen schützen. Aber die Knochen lassen sich auch trainieren, wenn sie wie Muskeln „täglich belastet werden“, sagt Prof. Dr. Andreas Halder, stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). „Der Knochen passt sich den Anforderungen an, sodass eine größere Belastung auch zu einer Stabilisierung und Festigung des Knochens führt.“ Um genau zu sein, regt Sport den Knochenstoffwechsel an, sowohl vorbeugend als auch bei Osteoporose. „Dies geschieht durch die Muskeln, die am Knochen ziehen. Sie geben das Signal, mehr Kalzium in das Skelettsystem zu transportieren und einzulagern“, erklärt Kollege Prof. Dr. Uwe Maus, Leiter der DGOU-Sektion Osteologie. Franziska Jundt, Professorin für Hämatologie und Internistische Onkologie, fand außerdem heraus, dass ein Training mit Stampfen und Springen sogar bei Knochenkrebserkrankungen die Knochendichte erhöht. Da der Aufbau der Knochensubstanz in der Kindheit bis zum frühen Erwachsenenalter erfolgt, ist ein Knochentraining schon von klein auf wichtig. Orthopäden und Unfallchirurgen empfehlen zur Stärkung der Knochensubstanz für Kinder und Jugendliche: Handball, Fußball, Leichtathletik, Volleyball. Ab 40 Jahren: Joggen, Pilates, Yoga, Fahrradfahren, Schwimmen. Ab 60 Jahren: Spaziergänge, Gymnastik, Walking, Kraft- und Balancetraining.

Knochenabbau vorbeugen mit Kalzium und Vitamin D

Auch die Ernährung spielt für die Knochengesundheit eine wichtige Rolle. Menschen mit Untergewicht entwickeln häufiger eine Osteoporose. In Fastenzeiten baut der Körper sogar Knochensubstanz ab, denn der Hauptbestandteil von Knochen ist Kalzium! Kalziumreiche Ernährung ist deshalb sowohl vorsorglich als auch bei Osteoporose-Therapie wichtig: Mineralwasser mit reichlich Kalzium, viel grünes Gemüse, Trockenfrüchte wie Datteln und Feigen, auch Käse. Ob Milch so gut für den Kalziumhaushalt ist, ist heute umstritten: Sie enthält zwar viel von dem Mineralstoff, aber er scheint nicht gut verwertet zu werden. Forscher der Universität Uppsala stellten sogar fest, dass besonders viel Milch trinkende Frauen öfter Knochenbrüche haben. Als Kalziumräuber fest stehen Alkohol, Nikotin sowie phosphat- und oxalathaltige Lebensmittel wie Schokolade oder Rhabarber.

Neben Kalzium spielt Vitamin D3 eine große Rolle für die Knochengesundheit, denn es unterstützt die Einlagerung von Kalzium. Osteoporose-Patienten bekommen es deshalb auf Rezept, denn in den kalten, dunklen Monaten kann Vitamin D mangels Sonneneinstrahlung nicht in der Haut gebildet werden. Vitamin-D-reiche Nahrung wie fetter Fisch und Nüsse reichen nicht aus. Wer mit Kortison behandelt wird, sollte besonders auf Kalzium und Vitamin D achten, um einer sekundären Osteoporose vorzubeugen. „Bereits in den ersten 3 bis 6 Monaten der Glukokortikoid-Therapie sinkt die Knochendichte um bis zu 12 %“, weiß Dr. med. Jan Leipe, Sektionsleiter Rheumatologie an der Universitätsmedizin Mannheim. Eine kostenlose Broschüre zur gesunden Ernährung bei Osteoporose finden Sie beim OSD, Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband e.V.

Zur Autorin: Karen Cop fährt indoor Rad und läuft outdoor lange Strecken im Spazierschritt, damit ihr Skelett ein gut stützendes Muskelkleid hat. Und seit sie von den Nebenwirkungen mancher Osteoporose-Medikamente weiß, wünscht sie Forschern wie Professor Winkler finanzstarke Partner.

Stand: April 2023

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