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Helfersyndrom: wenn Helfen pathologisch wird

Jemanden zu unterstützen, der Hilfe benötigt, ist menschlich und sozial. Doch Hilfsbereitschaft kann auch krankhaft werden – beim Helfersyndrom.

Text: Barbara Lang

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Anderen zu helfen und Dank dafür zu bekommen, tut gut. Doch Achtung: Wenn dies die einzige Motivation ist, könnte ein Helfersyndrom dahinterstecken.

Fürsorge, Mitgefühl und für andere da zu sein, sind gute Eigenschaften und entspringen einem natürlichen, gesunden Bedürfnis. Schließlich sind Hilfsbereitschaft, Solidarität, Selbstlosigkeit und Nächstenliebe hohe Tugenden – so haben wir es von klein auf gelernt: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, konstatierte Goethe. Doch bei Menschen mit Helfersyndrom wird die Hilfsbereitschaft pathologisch – also krankhaft – und ungesund für alle Beteiligten. Das Problem: Gerade weil Hilfsbereitschaft so hoch angesehen wird, ist es schwer, etwas Schädliches darin zu finden.

Hilfsbereitschaft – Helfersyndrom: Was ist was?

Beim „gesunden“ Helfen ist es wichtig, die Balance nicht aus den Augen zu verlieren: Die Motivation, anderen zu helfen, ist solang gut, so lange eigene Wünsche und Bedürfnisse dabei nicht auf der Strecke bleiben. Dennoch kann es auch in diesem Rahmen passieren, dass die Helferrolle zeitweise einen großen Teil des Lebens einnimmt, z. B. wenn Eltern oder Kinder pflegebedürftig werden. Umso wichtiger ist es für pflegende Angehörige, ihren eigenen Bedürfnissen nachzukommen und sich selbst Unterstützung und Hilfe zu suchen. Menschen mit Helfersyndrom können dies meist nicht.

„Liebe ist nicht das, was man erwartet zu bekommen, sondern das, was man bereit ist zu geben.“

Katharine Hepburn

Anzeichen für ein Helfersyndrom: Hilfsbereitschaft, die gar nicht gewünscht oder sinnvoll ist.

Die Hilfsbereitschaft erwächst beim Helfersyndrom nicht (nur) aus Empathie und purem Mitgefühl. Menschen mit Helfersyndrom helfen, um ihr eigenes Selbstwertgefühl aufzuwerten, vielleicht sogar, um sich unersetzlich zu machen. Der Antrieb zu helfen ist dann nicht selbstlos, altruistisch, sondern unbewusst egoistisch.

Der Münchner Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer hat den Begriff Helfersyndrom in den 70er-Jahren geprägt. In seinem Sachbuchklassiker „Die hilflosen Helfer“ beschreibt er Persönlichkeitsmerkmale von Menschen, deren Gebraucht-werden-Wollen zur Sucht wird.

Woher kommt das Helfersyndrom?

Nach Schmidbauer, einem Freud-Anhänger, sind Menschen anfällig für das Helfersyndrom, wenn sie in ihrer Kindheit nicht ausreichend geliebt wurden, sich nicht anerkannt fühlten, es ihnen an Unterstützung fehlte. Haben sie deswegen ein geringes Selbstwertgefühl entwickelt, kann es sein, dass sie versuchen, ihr kindliches Defizit und ihre Minderwertigkeitsgefühle durch eine übertriebene Hilfsbereitschaft zu kompensieren.

„Suche immer zu nützen, suche nie, dich unentbehrlich zu machen.“

Marie von Ebner-Eschenbach

Ihre Helferrolle haben sie oft schon in der Kindheit eingenommen. Um in Beziehungen Liebe oder Zuwendung, Bestätigung oder Dank zu erhalten, haben sie dieses Verhaltensmuster entwickelt. Und so machen sie auch als Erwachsene ihren Selbstwert davon abhängig, gebraucht zu werden oder sich aufzuopfern. Fatal dabei: Menschen mit Helfersyndrom achten nicht darauf, ob ihre Hilfsbereitschaft überhaupt gefragt und gewünscht ist, ob sie sinnvoll ist und wirklich hilft. Sie bemerken auch nicht, wenn die Helferrolle ihnen selbst und/oder den (vermeintlich) Hilfsbedürftigen nicht guttut.

Wenn Hilfsbereitschaft mehr schadet als hilft

Will und braucht dieser Mensch meine Hilfe wirklich, ist er hilfsbedürftig oder ist es besser, wenn ich mich raushalte? Solche und andere Überlegungen stellen Menschen mit Helfersyndrom nicht an. Sie helfen auch, wenn sie gar nicht darum gebeten werden, drängen sich buchstäblich auf.

Umgekehrt fällt es ihnen schwer, eigene Grenzen wahrzunehmen, Nein zu sagen und sich von den Problemen anderer Menschen abzugrenzen. Erhalten Menschen mit Helfersyndrom nicht das erhoffte Feedback in Form von Dank, Zugehörigkeit, Anerkennung, empfinden sie große Enttäuschung. Vorwürfe à la „So wird es mir gedankt, dass ich immer für alle da bin“ sind die Folge.

Hilfe, ich habe ein Helfersyndrom

Das Helfersyndrom ist eher Phänomen denn psychologische Diagnose. Persönlichkeiten, die emotional instabil sind, zu Depression oder Abhängigkeiten neigen oder aber auch narzisstische Züge haben, sind ebenso gefährdet, ein Helfersyndrom zu entwickeln, wie Menschen in sozialen, medizinischen und pflegerischen Berufen. Schlimmstenfalls führt ihr ständiger Hilfszwang zum Burn-out, zu Depression, Schuldgefühlen oder Scham.

Grübeln Sie nun, ob Sie selbst zum Helfersyndrom neigen? Dann betrachten Sie ehrlich und selbstkritisch, aus welchem Motiv heraus Sie helfen. Welche Gefühle das Helfen in Ihnen auslöst. Befragen Sie Menschen in Ihrem Umfeld, wie Ihre Hilfe empfunden wird. Üben Sie, öfter mal Nein zu sagen und selbst um Hilfe zu bitten, und beobachten Sie, welche Gefühle dies wiederum hervorruft. Treffen viele der oben genannten Punkte zu, sollten Sie über professionelle Unterstützung nachdenken – ehe Ihre Hilfsbereitschaft sich gegen Ihre Gesundheit wendet.

Warum helfe ich? Was fühle ich dabei? Ehrliche Antworten können ein Helfersyndrom offenbaren.

Zur Autorin:  Barbara Lang hat Sozialpädagogik studiert und früher im sozialen Bereich gearbeitet. Sie kennt das Helfersyndrom aus eigener Erfahrung, weiß aber auch, dass man sich davor schützen kann, wenn man selbstkritisch ist.

Stand: Januar 2023

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